
Fleischsymposium 2021
Das zweite AMA-Fleischsymposium widmete sich diese Woche der Kritik am Fleisch und an der Fleischproduktion. Experten diskutierten adäquate Antworten und Handlungsstrategien. Die AMA stellte ihren mittel- und langfristigen Masterplan für die Weiterentwicklung der Schweinehaltung vor.
Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, definierte zu Beginn die Aufgabe des AMA-Fleischsymposiums und die Rolle der AMA: „Wir hören genau zu, welche Bedürfnisse die Fleischbranche hat. Gleichzeitig hören wir auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und spiegeln diese - einem Resonanzkörper gleich - zurück an die Branche. In einer Zeit, in der Fleisch und seine Produktion so stark in der Kritik steht, ist es unabdingbar, Informationen und Botschaften gut abzustimmen und die Kommunikation zu bündeln“, eröffnete Blass.
Veränderung selbstbestimmt vorantreiben
Kommunikationsexperte Daniel Kapp verortet die Diskussionen in zwei Themenkreisen: einerseits Debatten um den Tierschutz – also die Gestaltung einer artgerechten Nutztierhaltung – und andererseits Debatten um das Tierrecht. Die Tierrechtsbewegung lehnt Nutztierhaltung grundsätzlich ab, weil sie Tiere als dem Menschen gleichberechtigten Wesen ansehen. In Diskussionen um Tierrecht empfiehlt Kapp, Dogmatisierung mit geringem Aufwand aber großem Liberalismus zu begegnen. „Jeder kann sich so ernähren, wie er möchte“, meint Kapp.
Mehr Aufmerksamkeit sollte seiner Meinung nach in die Diskussion um den Tierschutz investiert werden. „Die Branche muss die Kritik ernst nehmen. Man kann es nicht allen recht machen, aber man sollte die Angriffsfläche minimieren und ernsthafte Selbstreflexion betreiben“, so Kapp. Der Kommunikationsexperte empfiehlt, Kritik mit eigenen Visionen entgegenzutreten, Veränderungen selbstbestimmt voranzutreiben und zu kommunizieren. „Die Information und Vermittlung der Standpunkte brauchen Begeisterung. Das kann sich die Branche von ihren Kritikern abschauen“, bekräftigt Kapp.
Fleisch zu Unrecht in der Kritik?
Betriebswirt Peer Ederer, unter anderem Programm- und Wissenschaftsdirektor des Global Food & Agribusiness Network, vertrat in seinem inhaltlich zugespitzten Referat pointierte Positionen. Damit lag er auf der Linie des von ihm verfassten Buches über populäre „Fleischirrtümer“. Ederer sieht
Fleisch zu Unrecht in der Kritik. Für seine Positionen führte er Beispiele aus den Bereichen Ernährung, Umwelt und Ökologie ins Treffen. Der Vortragende ist sich im Klaren, dass einige seiner Inhalte stark polarisieren und er möchte diese Wirkung bewusst erzielen, denn er vertritt den Standpunkt, dass auch die fleischkritischen Gruppierungen keineswegs nur mit „feiner Klinge“ kämpfen.
Tiere machen aus nicht essbarer Biomasse zusätzliche Lebensmittel
Wilhelm Windisch unterrichtet an der TU München und beschäftigt sich intensiv mit der Frage, ob wir auf fleischliefernde Nutztiere verzichten können. Der Wissenschaftler erklärte anschaulich die Gesamtbilanz der Lebensmittelproduktion und welche Rolle dabei dem Fleisch zukommt. Ein Kilogramm pflanzliche Lebensmittel erzeugen laut Windisch vier Kilo nicht essbarer Biomasse. „Tiere – und vor allem Wiederkäuer – sind die einzigen, die die nicht essbare Biomasse verwerten und dadurch zusätzliche Lebensmittel erzeugen können. Darauf sollten wir aus Effizienzgründen nicht verzichten“, so Windisch.
Insekten sieht Windisch als mögliche und sinnvolle Ergänzung zur traditionellen Fleischproduktion, wenn diese mit nicht essbarer Biomasse gefüttert werden. Die Produktion von Kunstfleisch hält er für ineffizient, da die dafür notwendigen Nährlösungen aus essbarer Biomasse hergestellt werden. „Es wäre also effizienter, diese Pflanzen gleich direkt zu essen. Mit In-Vitro-Fleisch ist es lediglich eine Verschiebung“, so Windisch.
AMA legt Masterplan zur Weiterentwicklung Schweinefleisch vor
Martin Greßl, Leiter des AMA-Qualitätsmanagements, stellte zum Abschluss den mittel- und langfristigen Masterplan zur Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels bei Schweinefleisch vor.
Derzeit werden jährlich rund zwei Millionen Schweine im AMA-Gütesiegelprogramm gehalten, 100.000 Schweine unter „mehr Tierwohl“ und zusätzlich ca. 100.000 Schweine biologisch. Ziel der AMA ist es, diese besonderen Produktionssparten auszubauen und bis 2030 eine Million „Schweine ohne Vollspalten“ abzudecken. „Dafür brauchen wir alle Vertriebsformen. Nur mit dem Lebensmittelhandel können wir dieses Ziel nicht erreichen. Eine wesentliche Rolle wird auch die öffentliche Beschaffung spielen“, appelliert Greßl.
Neben dem Ausbau der freiwilligen Module will die AMA auch die Basisanforderungen schrittweise anheben. Ab nächstem Jahr sollen Neubauten mehr Platz und eine planbefestigte Liegefläche bieten. Für bestehende Stallungen ist eine stufenweise Anhebung des Platzangebotes vorgesehen, beginnend mit 2022 um zehn Prozent.
Auch zur derzeit im Parlament diskutierten Umstellung auf GVO-freie Futtermittel liegt ein Plan der AMA vor. Die GVO-freie Fütterung soll als Gesamtpaket mit den besonderen Haltungsformen eingeführt werden, also mehr Tierwohl und europäisches Soja. „Die Mehrkosten der Umstellung müssen nachhaltig am Markt erlösbar sein. Daher sehen wir die Chancen vor allem in Segmenten, die auf langfristige Lieferverträge und Partnerschaften setzen, wie bei den Modulen oder Marken- und Regionalprogrammen“, so Greßl.
Maßnahmen zur Fleischqualität sind ebenfalls im Masterplan enthalten. Mit 2022 soll ein Monitoring des Antibiotikaeinsatzes - ähnlich wie bei Geflügel – verpflichtend vorgeschrieben werden. Da der Fettgehalt für den Geschmack wesentlich ist, sind Adaptierungen bei der Fütterung geplant. Eine gezielte Eiweißreduktion beeinflusst das Fleisch-Fett-Verhältnis positiv und trägt zur Nachhaltigkeit bei. „Zu mageres Schweinefleisch schmeckt nicht gut. Fett muss wieder wertvoller werden“, meint der AMA-Qualitätsmanager. Darüber hinaus hat die AMA eine wissenschaftliche Forschungsgruppe initiiert, die sich mit den Ursachen und Gegenmaßnahmen von geschmacklichen Fehlern bei Schweinefleisch beschäftigt.
Die letzte Entscheidung im breiten und differenzierten Angebot an Schweinefleisch treffen die Verbraucher mit ihrem Kaufverhalten. Die AMA möchte mit einer verbesserten Kennzeichnung mehr Transparenz schaffen. „Was bei Eiern geschätzt wird, kann auch bei Fleisch funktionieren. Die Details dazu müssen wir noch mit allen Marktpartnern ausarbeiten. Wir brauchen aber jedenfalls ein ganz einfaches System“, ist Greßl überzeugt.
Der AMA-Masterplan für die Weiterentwicklung liegt nun als Diskussionspapier auf dem Tisch. „Wir werden das Paket in den nächsten Wochen intensiv besprechen und ich ersuche alle, sich aktiv beim Feintuning der Maßnahmen einzubringen. Der Markt verlangt Differenzierung und Wertigkeit. Mit dieser Weiterentwicklung können wir wertgebende Themen für die gemeinsame Kommunikation schaffen und die Kritik am Fleisch reduzieren“, fasst Greßl die Strategie der AMA und das Symposium zusammen.
Die Vorträge können Sie unter https://amainfo.at/konsumenten/aktuelles/ama-fleischsymposium-2021-1 nachsehen.
Fotos finden Sie unter: https://www.apa-fotoservice.at/galerie/25263
Fotocredit: Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH/APA-Fotoservice/Rastegar
Schwein
PresseunterlagenFleischsymposium.zip | 28.05.2021 | Öffnen PresseunterlagenFleischsymposium.zipHerunterladen PresseunterlagenFleischsymposium.zip |

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